Das Gold der Bienen
© LVDV NÖ Honig ist weit mehr als ein süßer Brotaufstrich – er ist ein Naturprodukt, das von Tradition, Handarbeit und faszinierenden Prozessen geprägt ist. Diese Faszination hat Herr Jelinek vor etwa 15 Jahren entdeckt, als er während seiner Ausbildung zum landwirtschaftlichen Facharbeiter die Imkerschule im Rahmen eines Tages der offenen Tür besuchte. Aus anfänglichem Interesse wurde ein Hobby – und schließlich eine Berufung.
„Um als Imker erfolgreich zu sein, ist es wichtig, zunächst einen Basislehrgang zu absolvieren“, erklärt Herr Jelinek. „Hier lernt man nicht nur die wichtigsten Grundlagen, sondern auch die Erkennung und Behandlung von Krankheiten, die entscheidend für die nachhaltige Erhaltung der Bienenvölker sind.“ Heute ist er als Bienensachverständiger im Bezirk Mödling tätig und leistet intensive Aufklärungsarbeit. Jedes Jahr besuchen beispielsweise die zweiten Klassen der Volksschule Gumpoldskirchen seine Imkerei, um spannende Einblicke in die Welt der Bienen zu erhalten.
Herr Jelinek begann mit vier Bienenvölkern und betreut inzwischen 45. Beim Erwerb eines Bienenvolkes muss man unterscheiden, ob man bereits Honig ernten möchte oder nicht. Für ersteres ist ein Wirtschaftsvolk mit bereits erwachsenen Bienen nötig, dieses kann wiederum mit oder ohne Bienenkönigin gekauft werden. Ansonsten kann ein Ableger erworben werden, bei dem entweder eine zugekaufte Reinzuchtbienenkönigin hineingesetzt wird oder die Bienen aus den offenen Brutzellen selbst eine Königin heranziehen. Der Ertrag bei Ablegern ist zu Beginn sehr gering, da die Bienen den Honig zum Überwintern benötigen. Die Preise richten sich je nach der Art, für die man sich entscheidet. Neben den Bienen benötigt man auch eine Grundausstattung, die für den Anfang überschaubar ist.
In der bio-zertifizierten Imkerei am Anninger steht eine nachhaltige und tierfreundliche Haltung an erster Stelle. Maximal sieben Bienenvölker werden pro Standort gehalten, um Stress für die Tiere zu minimieren. Eingriffe erfolgen sparsam und gezielt, um die natürlichen Abläufe im Bienenstock so wenig wie möglich zu stören. Maßnahmen zur Abschwächung der Auswirkungen des Klimawandels auf den Bienenstock werden stetig gesetzt. Zudem lässt Jelinek das Bienenvolk selbst bestimmen, wann die Bienenkönigin ausgewechselt wird und sieht von einem übermäßigen Eingreifen ab. „Das Schöne an der Imkerei ist die bewusste Wahrnehmung der Abläufe in der Natur und die Organisation und Kommunikation der Bienen selbst“, erklärt Herr Jelinek begeistert.
Jährlich erntet die Imkerei am Anninger rund 1,5 Tonnen Honig, der zu verschiedenen Produkten verarbeitet wird. Dabei schwankt die Erntemenge um bis zu 80 Prozent – vor allem das Wetter und der Befall durch Schädlinge beeinflussen die Produktion. „Besonders beeindruckend ist die Kommunikation der Bienen“, sagt Herr Jelinek. „Wenn eine Biene frische Blüten entdeckt, teilt sie das ihrem Volk mit, und alle sammeln dort, bis nichts mehr übrig ist.“ So entstehen Sortenhonige wie der beliebte Lindenblütenhonig. Dafür wird der Bienenstock vor und nach der Blüte geerntet, um sicherzustellen, dass der Honig ausschließlich aus Lindenblütennektar besteht.
Neben klassischen Sorten wie Blüten-, Wald- und Cremehonig bietet die Imkerei Mischhonige an, die beispielsweise mit Walnüssen oder Propolis verfeinert werden. Doch die Vermarktung ist ebenso anspruchsvoll wie die Produktion selbst. Die Imkerei setzt auf einen Vertriebsmix aus einem Ab-Hof-Laden, zwei Onlineplattformen und Direktbestellungen per E-Mail. In der Weihnachtszeit, die auch produktionsfreie Zeit bedeutet, verkauft Herr Jelinek seine Produkte auch auf ausgewählten Märkten.
„In den letzten Jahren ist das Interesse an der Imkerei spürbar gestiegen“, freut sich Johann Höfinger, Obmann der Direktvermarktung. „Die Imkerei erfordert jedoch ein solides Grundwissen, um tiergerecht und nachhaltig zu arbeiten.“ Die Leidenschaft und Verantwortung, mit der Herr Jelinek seiner Tätigkeit nachgeht, haben ihm und seiner Imkerei zahlreiche Auszeichnungen eingebracht, darunter mehrere Goldmedaillen bei der Ab-Hof-Messe in Wieselburg. Die Imkerei am Anninger ist damit nicht nur ein Ort der Honigproduktion, sondern auch ein Sinnbild für regionalen Genuss, nachhaltige Landwirtschaft und die unermüdliche Arbeit der kleinen, summenden Helfer, ohne die all das nicht möglich wäre.