Beschäftigung von Fremdarbeitskräfte

So gelingt die Beschäftigung von Fremdarbeitskräften

 

Immer mehr landwirtschaftliche Betriebe kommen an den Punkt, wo die Arbeit mit den eigenen Familienangehörigen nicht mehr zu schaffen ist. Die Idee, eine erste Arbeitnehmerin oder einen ersten Arbeitnehmer einzustellen, bringt eine Vielzahl von Fragen mit sich. Wen darf ich zu welchen Bedingungen beschäftigen? Gibt es einen Mindestlohn und wie melde ich meine Arbeitnehmer korrekt an? Um nicht vom Sozialversicherungsträger, dem Finanzamt oder dem Arbeitsinspektorat wegen Verstößen belangt zu werden, muss man die rechtlichen Rahmenbedingungen kennen und einhalten. Dieser Artikel soll einen ersten Überblick verschaffen.

Die Suche nach dem oder der Richtigen:

Bevor die Arbeit überhaupt beginnt, muss ein geeigneter Arbeitnehmer erst einmal gefunden werden. Dazu muss man vorweg wissen, dass nicht jede Person ohne weiteres beschäftigt darf.

  • Für Personen, die nicht aus der EU kommen (sogenannte „Drittstaatsangehörige“ wie beispielsweise Mazedonier) benötigt man vorab eine Beschäftigungsbewilligung vom Arbeitsmarktservice (AMS), die bei der regionalen Geschäftsstelle zu beantragen ist. Zusätzlich braucht der ausländische Arbeitnehmer ein Visum um sich rechtmäßig in Österreich aufhalten zu können.
  • Sämtliche EU-Bürger hingegen können ohne spezielle Bewilligungen beschäftigt werden.
  • Ukrainer sind zwar Drittstaatsangehörige, brauchen aber seit April 2023 keine Beschäftigungsbewilligung mehr, wenn sie über einen „Ausweis für Vertriebene“ verfügen.

Die rechtlichen Spielregeln im Arbeitsrecht:

Vor Arbeitsbeginn müssen mit dem Arbeitnehmer alle wesentlichen Punkte des Arbeitsverhältnisses besprochen werden. Sie müssen beispielsweise klären, ob der Arbeitnehmer bei ihnen voll- oder teilzeitbeschäftigt ist, ob es sich um ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis handelt, ob eine Probezeit vereinbart ist, welche Tätigkeiten anfallen und wie hoch der Lohn ist. Der Arbeitnehmer muss zumindest jenen Mindestlohn erhalten, der im Kollektivvertrag (brutto!) angeführt ist. Im land- und forstwirtschaftlichen Bereich gibt es unterschiedliche Kollektivverträge je Bundesland und landwirtschaftlichem Tätigkeitsfeld. Es ist äußerst wichtig, den einschlägigen Kollektivvertrag zu kennen, denn hier finden Sie nicht nur die wesentlichen rechtlichen Rahmenbedingungen, sondern auch zahlreiche Möglichkeiten zum Gestalten des Arbeitsverhältnisses. Der Kollektivvertrag für die Bäuerlichen Betriebe in NÖ ermöglicht beispielsweise Durchrechnungsvereinbarungen mit den Arbeitnehmern abzuschließen. Damit können kluge Arbeitgeber teure Überstundenzuschläge vermeiden und bares Geld sparen. Darüber hinaus wurde im Jahr 2024 die Möglichkeit geschaffen, den Arbeitnehmern bis zu € 3.000,- steuer- und abgabenfrei als Mitarbeiterprämie auszuzahlen.

Der Arbeitgeber hat die Pflicht zumindest einen schriftlichen Dienstschein bzw. Dienstzettel zu erstellen und auszuhändigen. Den Inhalt dieses Dienstscheines regelt das Gesetz sehr genau, weshalb es ratsam ist, auf Muster in den jeweiligen Kollektivverträgen zurückzugreifen. Diese können einfach an die Bedürfnisse des Betriebes angepasst werden.

Sozialversicherung

Der Arbeitgeber hat die Pflicht, jeden Arbeitnehmer vor Arbeitsantritt bei der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) anzumelden. Diese Anmeldung hat elektronisch über das Portal ELDA der ÖGK zu erfolgen. Wer zum ersten Mal Arbeitnehmer beschäftigt, muss sich vorab eine sogenannte Beitragskontonummer beschaffen.

Aufzeichnungspflichten
Der Arbeitgeber ist verantwortlich für die schriftliche Lohnverrechnung, die Abfuhr der Sozialversicherungsbeiträge, des Beitrags zur Mitarbeitervorsorgekasse, der Lohnsteuer, des Arbeitgeberbeitrags zum Familienlastenausgleichsfonds und der Kommunalsteuer. Außerdem obliegt ihm die Führung des Lohnkontos sowie die Aufzeichnungen über Urlaub, Krankenstand und Arbeitszeit, sowie die Übermittlung des Jahreslohnzettels.

Um all diesen Pflichten korrekt nachzukommen, können Betriebe ihre Lohnverrechnung an einen Steuerberater oder Lohnverrechner auslagern. Dies bietet folgende Vorteile:

  • Professionelle Abwicklung der Lohnverrechnung gemäß den gesetzlichen Bestimmungen,
  • Erfüllung der erforderlichen Meldungen an die ÖGK und Behörden, sowie (erste) Anlaufstelle bei Abgabenprüfungen,
  • Aktualität und Kenntnis über Gesetzesänderungen,
  • Beratung und Unterstützung bei Fragen und maßgeschneiderte Lösungen,
  • Sicherheit und Vertraulichkeit in Bezug auf die Verarbeitung und Speicherung sensibler Personaldaten,
  • Entlastung und damit Konzentration auf das eigene Kerngeschäft.

Entsprechende Expertinnen und Experten gibt es in jeder Region. Unter ksw.or.at/mitgliederverzeichnis findet sich eine Liste aller Steuerberatungsunternehmen in Österreich.

Arbeitszeit

Die regelmäßige Wochenarbeitszeit beträgt 40 Stunden, die tägliche Normalarbeitszeit grundsätzlich max. 9 Stunden. Bei Überschreiten der wöchentlichen (40 Stunden) oder täglichen (9 Stunden) Normalarbeitszeit gebührt dem Arbeitnehmer ein Überstundenzuschlag in Höhe von 50%. Auch für Nacht-, sowie Sonn- und Feiertagsarbeit fallen in der Regel Zuschläge an. Die Vereinbarung von flexiblen Arbeitszeitmodellen ist möglich, muss aber stets schriftlich erfolgen.

Urlaub

Dem Arbeitnehmer stehen 30 Werktage (= 5 Wochen, da Werktage von Montag bis Samstag zählen) Urlaub pro Jahr zu. Nach 25 Dienstjahren bei demselben Arbeitgeber erhöht sich dieser Urlaubsanspruch auf 36 Werktage (= 6 Wochen).

Arbeitnehmerschutz

Das Landarbeitsgesetz und die Arbeitnehmerschutzverordnungen sehen umfangreiche Mindeststandards zu Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit vor. Dies betrifft die Ausgestaltung von Arbeitsstätten, Unterkünfte von Saisonarbeitskräften, persönliche Schutzausrüstung, Überprüfung von Maschinen, gefährliche Arbeitsstoffe, Lärm usw. Für jeden Arbeitsplatz sind die für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren zu ermitteln, zu beurteilen und entsprechende Maßnahmen vorzusehen. Diese Evaluierung ist schriftlich festzuhalten. Für Klein- und Mittelbetriebe gibt es dazu kostenlose Unterstützung und Betreuung von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) und der Sozialversicherungsanstalt der Selbständigen (SVS).

Unterstützung im Arbeitsrecht

Das Arbeitsrecht mag auf den ersten Blick komplex erscheinen, doch ist der Einstieg einmal geschafft, gewinnt man an Sicherheit und Verständnis. Die NÖ Landes-Landwirtschaftskammer bietet Unterstützung und Informationen, die dabei helfen sich in dem Bereich sicher zu bewegen. Eine wichtige Anlaufstelle ist hier die Rechtsabteilung, die für Fragen und kompetente Beratung zur Verfügung steht, sowie einschlägige Weiterbildungen anbietet. Hilfreiche Unterlagen – wie beispielsweise den Bäuerlichen Kollektivvertrag für NÖ, Muster für Durchrechnungsvereinbarungen etc. – finden Sie online auf der Website noe.lko.at​​​​​​​

Besonders für Betriebe, die erstmalig Arbeitnehmer beschäftigen, ist das neue Informationsvideo der NÖ Landes-Landwirtschaftskammer empfehlenswert. Unter dem Link https://noe.lko.at/video-einstellen-von-arbeitnehmerinnen-und-arbeitnehmern-die-wichtigsten-regelungen​​​​​​​ finden Sie einen umfassenden Überblick über die wichtigsten Regelungen und Vorgehensweisen.